Das Interesse für das „einmalige“ Angebot war riesig: Zum ersten Mal hat der Schleswig-Holsteinische Fußballverband einen Anwärterlehrgang für Schiedsrichter*innen durchgeführt. Der Kompaktlehrgang fand im Uwe Seeler Fußball Park statt und lockte letztendlich 35 Teilnehmende aus neun von elf Fußballkreisen an. „Ohne dass wir den Lehrgang groß beworben haben, hatten wir schnell die Kapazitätsgrenze erreicht“, freute sich SHFV-Lehrwart Michael Mond.
Eine Teilnehmerin war die 15-jährige Kathleen, die sowohl in einer Mädchen- als auch in einer Jungsmannschaft aktiv spielt. Und jetzt noch Schiedsrichterin werden möchte? „Ich hatte Bock darauf und fand es schon immer interessant. Außerdem weiß ich, dass es wenige Schiedsrichter und noch weniger Schiedsrichterinnen gibt. Ich mache den Schein, weil ich mir wünsche, dass Mädchenspiele auch von Frauen oder Mädchen gepfiffen werden.“
Die Herausforderung des Lehrgangs lag darin, das komplexe Regelwerk innerhalb von zweieinhalb Tagen zu lernen und dann in einer Prüfung abzurufen. „Der Lehrgang war schwer, aber es war machbar“, sagt Jakob Breitner. Der 13-Jährige nahm gemeinsam mit seinem Papa (56 Jahre) am Lehrgang teil. „Für mich war dieser Kompaktlehrgang optimal, anders hätte ich es beruflich nicht geschafft“, sagt Andreas Breitner. Seine Motivation ist, seinem Verein, dem TuS Rotenhof, zu helfen. „Ich werde meine 20 Spiele im Jahr leiten und vor allem meinen Sohn unterstützen.“
Ein Teil der 17 Fußballregeln wurde bereits in den Wochen vor dem Lehrgang in mehreren Videokonferenzen vermittelt. Zudem hatten die Teilnehmenden Übungsblätter, um sich intensiv vorzubereiten. Mit gerade einmal zwölf Jahren war Tarje der jüngste Teilnehmer des Lehrgangs. „In der Woche vorher habe ich zwei bis drei Stunden pro Tag gelernt und fühle mich gut vorbereitet.“ Und was motiviert den jungen Heiligenstedter? „Ich finde den Schiri-Job einfach cool, zu bestimmen und das Spiel zu leiten. Mein Ziel ist es, irgendwann höher zu pfeifen als mein eigener Verein spielt.“
Zum Einsatz kam die Pfeife auch schon in Malente. In einem praktischen Teil wurden verschiedene Pfiffe ausprobiert und geübt, eine Karte wirkungsvoll zu zeigen. Der 13-jährige Fiete ging sogar noch einen Schritt weiter: Als an den Abenden Fußball gespielt wurde, schnappte er sich seine Schiedsrichterausrüstung und leitete die Partien. „Ich kämpfe für Gerechtigkeit auf dem Spielfeld“, so der ehemalige Schiedsrichterpraktikant. Ebenso wie Tarje (12 Jahre) und Ralf Bargmann (53 Jahre) hat Fiete vor dem Lehrgang das Schiedsrichterpraktikum durchlaufen und so erste Erfahrungen auf und neben dem Platz gesammelt. Und was ist sein Ziel? „Ich habe als Torwart aufgehört und möchte mich nun auf die Schiri-Laufbahn konzentrieren. Mein großes Ziel ist, irgendwann auf dem Regelheft abgebildet zu sein.“ Das würde bedeuten, dass Fiete zum Schiedsrichter des Jahres auf DFB-Ebene gekürt wird. Ebenso, wie es die Schleswig-Holsteinerin Mirka Derlin in diesem Jahr bei den Schiedsrichterinnen geschafft hat.
Neben Michael Mond war Christian Meyer (SHFV-Lehrwart für die Verbandsliga-Schiedsrichter) hauptverantwortlich für die Inhalte des ersten Anwärterlehrgangs auf Landesebene zuständig. „Mit jeder Stunde sind die Teilnehmenden zusammengewachsen. Das hat für eine gute Stimmung gesorgt und auch die Leistung stetig erhöht“, so Meyer. Am Ende wurden 33 neue Schiris ausgebildet. Zwei Kandidaten haben die Chance, in der Nachprüfung den Lehrgang erfolgreich abzuschließen.
„Das Fazit fällt insgesamt positiv aus“, erklärt Mond. Obwohl die Aktion als einmalig im „Jahr des Schiris“ ausgerufen worden war, ist es eine Überlegung wert, einen solchen Lehrgang im nächsten Jahr erneut anzubieten. Vielleicht wird es auch zur Tradition und der SHFV ergänzt die Ausbildungsangebote der Kreisfußballverbände mit einem solchen Kompaktlehrgang dauerhaft. Die Evaluationen werden es zeigen.
Text: Dajinder D. Pabla